Schon vier Monate ist es her.
Kann das wirklich sein?
Diese Meilensteine kommen immer schneller.
Wenn ich einen Blog von einer Familie lese, die von der Hunan Provinz adoptieren, und dann die Bilder der Raeumlichkeiten sehe, wo wir Nina adoptiert haben - die Holzbaenke, der Nebenraum mit dem runden Tisch - dann verspuere ich fast ein Sehnen, ein Zugehoerigkeitsgefuehl. Irgendwie ist das MEINE Amtsstelle. Hier habe ich MEINE Tochter kennengelernt. MEIN Leben hat sich dort veraendert. Und MEINE Famile. Ich kann es mit den ersten Momenten im Leben meiner anderen Kindern vergleichen - wie ich in einem Spitalbett lag und mein neugeborenes Kind im Arm hielt. Diese Erinnerung hat sich ebenfalls tief eingepraegt.
Aber das Leben spielt sich nicht im Spitalbett oder im Adoptionsbuero in China ab.
Das Leben mit Nina ist hier, jeden Tag wieder neu.
Viele Tage sind toll und erfuellen mich, und ich bin so froh, dass wir Gott bis nach China gefolgt sind.
Andere Tage sind schwierig, ich bin ungeduldig und ich frage mich, ob ich wirklich dazu geeignet bin, fuenf kleine Kinder zu erziehen.
Willkommen zum Eltern sein.
Und zur Gnade.
Die Adoption von Nina ist ein Traum, der sich erfuellt hat. Nicht dass dieser Weg wertvoller waere als Kinder zu gebaeren. In keinem Fall will ich das sagen. Aber es ist etwas, dass der Herr vor mehr als 20 Jahren in mein Herz gepflanzt hat. Und nun hat er SEINEN Plan in unserer Familie erfuellt. Und das begeistert mich - zumindest meistens. Und es erfuellt mich mit Dankbarkeit - das immer.
Nina lebt sich weiterhin gut bei uns ein. Sie hat sich an unsere Routinen gewoehnt, aber sie kann auch mit Veraenderungen derselben umgehen. Gewisse Dinge MUESSEN einfach sein, sonst stimmt es fuer sie gar nicht.... zum Beispiel MUSS ich "ich ghoere es Gloeggli" singen wenn sie ins Bett geht, oder sie MUSS zum Essen IHR Besteck haben - entweder das Panda Besteck vom Grosmueti und Grosvati, oder das "Thomas" Besteck oder der Prinzessinnen Loeffel. Oh weh, wenn alles gleichzeitig in der Abwaschmaschine ist!!
Sie hat gelernt, bei uns Trost zu suchen, wenn sie verletzt oder traurig ist, und sie akzeptiert unsere "sanfte" Zurechtweisung. Nicht dass die diese besonders mag :-)). Ich habe begonnen, sie in ein Time-out zu schicken, vor allem wenn sie ihre Brueder kratzt oder schlaegt. Ich setze sie dazu auf das eine Ende des Sofa's, und ich sitze auf das Andere. Das funktioniert bisher recht gut.
Sie kann auch gut alleine etwas spielen, bleibt aber dazu am Liebsten in meiner Naehe. So funktioniert es gut wenn ich dabei bin, Nico zu unterrichten. Sie spielt am Liebsten mit Legos, Playdoh (Knete) oder Puzzles, sie zeichnet gerne oder macht Ketten. Sie ist sehr kreativ, und naechste Woche beginnen Nina und Elia einen "kunsthandwerklichen" Kurs fuer Vorschulkinder (ich weiss, das toent etwas hochgestochen, aber ich weiss gar nicht, wie das sonst zu beschreiben).
Sie beschaeftigt sich immer noch gerne mit Zahlen und Buchstaben, und erkennt langsam auch die verschiedenen Farben. Sie wuerde wohl gerne in ein Spielgruppe gehen, aber ich behalte sie im Moment lieber noch zuhause.
Sprachlich geht es immer besser. Sie versteht sozusagen alles, was wir ihr sagen, und sie kann sich immer besser ausdruecken. Was toll ist, wenn sie ihre Fotos von China anschaut. Sie kann uns immer mehr Details erklaeren. So hat sie zum Beispiel ein Foto, das sie in der Kueche ihrer Pflegeeltern zeigt. Sie schaut dieses nun an und sagt: " Jeye, Nana (so nennt sie ihre Pflegeeltern) essen hier - Kueche". Sie hat definitiv viele Erinnerungen an die beiden, und nennt sie oft "Meine Jeye und Nana". Vor einiger Zeit wollte sie "nach Hause" gehen. Sie konnte uns aber nicht sagen, wo sie dann hinwollte. Moeglicherweise hat sie es selber auch nicht gewusst.
Sie sagt lustige Sachen. Ihr bester Satz ist "Ich will das nicht gerne haben" - sie sagt das, wenn ihr etwas nicht schmeckt, oder wenn sie nicht mehr essen will. Ihre Geschwister sagen ihr das nun immer nach, und obwohl es lustig ist, kann ich es manchmal fast nicht mehr hoeren...
Wir haben "gewoehnliche" Elternsorgen mit ihr, so wie das Kratzen und Schlagen, das ich oben erwaehnt habe. Das Nein sagen, ihre manchmal stoerrische und richtig ablehnende Art. Andere Verhaltensmuster sind eher "typisch" fuer adoptierte Kinder, so wie ihr Drang, alle und alles zu kontrollieren und zu beherrschen, oder ihr Drang, Dinge zu besitzen. Manchmal ist das sehr ermuedend, aber ich glaube fest, dass das mit der Zeit besser wird. Ich habe mich in der letzten Zeit nicht mehr ganz soo intensiv mit ihr befasst wie am Anfang, mit Kuscheln, Fuettern oder sie im Tragtuch zu tragen, und versuche das wieder mehr zu tun, da ihr dieser intensive Koerperkontakt gut tut.
Gesundheitlich geht es ihr gut. Sie hat Asthma, das wir behandeln muessen, aber solange wir das tun, hat sie relativ wenige Symptome. Ich hoffe, dass sie das in der Zukunft nicht zusehr einschraenken wird.
Mit ihren Geschwistern funktioniert es im Grossen und Ganzen gut. Nico tollt gerne mit ihr herum und stichelt sie gerne etwas, Anya kuemmert sich sehr lieb um sie, Alex gibt sich auch sehr Muehe und will immer fuer sie da sein und sagt mir immer genau, was sie will oder braucht (auch wenn ich es selber gehoert habe). Fuer Elia ist sie ein guter, aber manchmal etwas nerviger Spielkamerad. Er kann es nicht ausstehen, wenn sie ihm etwas kaputt macht (was sie nicht aus boesem Willen macht), und sie wollen immer beide zur gleichen Zeit meine Aufmerksamkeit. Wenn das Eine oder andere bei mir auf den Knien sitzt, will das Andere dann sicher auch gleich dort sein. Sie haben einen Altersunterschied von nur 15 Monaten, und das bringt Reibereien mit sich. Im Allgemeinen geht es Elia aber viel besser, und es scheint mir, dass er sein Gleichgewicht wieder gefunden hat.
So, dies ist nun viel laenger geworden, als ich eigentlich geplant habe, aber nun wisst ihr wieder einmal, wie es bei uns so steht.
Das "Muster" in unsere Familie hat sich eindeutig veraendert, aber ich sehe mehr und mehr wie sich Nina's Faeden mit unseren verschmelzen, und mir gefallen die leuchtenen Farben, die sie zum Stoff beitraegt. Dem Stoff, der UNS ausmacht.
Sie ist ein erstaunlich starkes und verletzliches kleines Maedchen, und ich bin so froh, dass sie zu uns gehoert.
Sie ist ZUHAUSE.